6. Zivile Inspektion des Atomwaffenlagers Büchel/Südeifel

Pressemitteilung über die 6. Zivile Inspektion des Atombombenstandortes Büchel/Südeifel am 23.Mai 2003:

Am 23. Mai 2003 wurde die SECHSTE ZIVILE INSPEKTION am Fliegerhorst Büchel in der Südeifel vorgenommen. Die 6 zivilen InspektorInnen betraten um etwa 14 Uhr das Gelände und hielten sich über 40 Minuten auf dem Gelände des Atomwaffenstützpunktes auf, bevor die Wache sie bemerkte und ein Bereitschaftsoffizier alarmiert wurde.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die 6 Aktivisten bereits auf dem Rollfeld, von dem aus die Militärjets starten. Sie waren durch weiße Anzüge und Transparente weithin sichtbar. Ungehindert konnten die Zivilen InspektorInnen, die mit einem Geigerzähler ausgestattet waren, das Gelände untersuchen. Bis zum Eintreffen der herbeigerufenen Polizei aus Cochem informierten die Zivilen InspektorInnen den diensthabenden Offizier, die Wachen und Bereitschaftssoldaten ausführlich über die Völkerrechtswidrigkeit der in Büchel gelagerten Atombomben, überreichten Informationsmaterial und kündigten weitere Bürgerinspektionen bis zur endgültigen Abschaffung der in Büchel gelagerten Atomwaffen an. Die eingetroffene Polizei brachte die 6 InspektorInnen zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf die zuständige Polizeiwache in Cochem. Einige der AktivistInnen legten Einspruch gegen die erkennungsdienstliche Behandlung ein, und hatten damit Erfolg. Die Gerichtsverhandlung der 6 AktivistInnen wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch wird wahrscheinlich innerhalb des nächsten halben Jahres stattfinden.

Zur Zeit sitzen wegen desselben Tatbestandes 2 vom Amtsgericht Cochem verurteilte Teilnehmerinnen der letzten zivilen Inspektion, die 67-jährige Psychaterin Dr. Erika Drees und der 63-Jährige Friedensforscher und Politologe Dr. Wolfgang Sternstein in Haft ein. Die nächste, dann 7. Zivile Inspektion wird auch durch die Strafanzeigen der am vergangenen Freitag, dem 23. Mai, durchgeführten Aktion nicht verhindert werden.

Weitere Informationen zu Zivilen Inspektionen der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen unter http://www.gaaa.org.
TeilnehmerInnen der 6. Zivilen Inspektion am Atomwaffenstützpunkt Büchel können über diese Email-Adresse angesprochen werden.

Erlebnisbericht zur Zivilen Inspektion am 23. Mai 2003:

Die sechste Zivile Inspektion des Atombombenstandortes in Büchel/Südeifel fand am vergangenen Freitag, den 23. Mai 2003 am frühen Nachmittag statt. Zu sechst schnitten wir den Zaun des Fliegerhorstes vom 33. Jagdbombergeschwader der Bundeswehr auf und drangen weit auf das Militärgelände vor.
Mit unseren weißen Overalls, einem weißen Transparent mit der Aufschrift "Atomwaffen abschaffen" sowie einer regenbogenfarbenen PACE-Fahne waren wir deutlich als ZivilistInnen zu erkennen. Um auf uns aufmerksam zu machen, wurde außerdem noch laut ein Horn geblasen. Auf einem asphaltierten Weg kamen wir aus dem Waldstück im Süd-Westen des Fliegerhorstes hinaus und gelangten weiter über eine Fahrstraße zu der Start- und Landebahn, wo eine Stunde vorher noch drei Tornados gestartet waren.
Als wir dann auf der Start- und Landebahn in Richtung Norden liefen, waren wir bereits 20 Minuten unentdeckt in diesem Militärgelände offen umhergelaufen, auf dem 10 Atombomben mit der 150-fachen Sprengkraft des Hiroshima-Bombenabwurfs lagern.. Obwohl wir nun direkten Sichtkontakt mit dem Tower des Fliegerhorstes hatten, dauerte es noch einmal 10 Minuten bis eine Militärstreife in einem Geländewagen auf uns zufuhr, als wir bereits nach ungefähr 500 Metern die Start- und Landebahn in Richtung der halbkreisförmig nebeneinander liegenden Hangars verließen, weil wir dort unsere Inspektion fortführen wollten. Einer der beiden Soldaten stieg aus dem Jeep und begrüßte uns mit den Worten: "Ah, Ihr seid für Frieden und gegen die Atombomben". Dies war einerseits durch unser Transparent, und andererseits durch ein Brief unsere Gruppe an Bundeskanzler Schröder, den Außenminister Fischer, den Botschafter der USA in Berlin, den Commodore des Fliegerhorstes von Büchel, sowie die zuständige Polizeidienststelle von Cochem deutlich geworden, in dem wir diese 6. Zivile Inspektion in Büchel für dieses Frühjahr 2003 angekündigt und unsere Motivation dafür begründet hatten.
Dann meinte der eine Soldat noch, dass wir nun doch besser wieder dort das Gelände verlassen würden, wo wir es betreten hatten, da wir draußen mehr Öffentlichkeit bekämen. Wir entgegneten, dass wir zum Inspizieren der hier gelagerten Massenvernichtungswaffen seien, und verlangten von ihm Auskunft über deren genauen Lagerungsort, worauf der Bundeswehrsoldat sagte, dass er sich dazu nicht äußern dürfe. Außerdem warnte er uns noch vor einem eventuell freilaufenden Hund. Wir gingen dann weiter, in der Mitte einer Verbindungspiste zwischen den Flugzeughangars und der Start- bzw. Landebahn. Nun folgte uns das Militärfahrzeug in einem Abstand von ca. 50 Metern im Schritttempo. Am ersten Hangar, den wir erreichten, nahmen wir Messungen mit unserem mitgeführten Geigerzähler vor, während die Soldaten in ihrem Wagen hinter uns warteten.
Wir gingen weiter auf der Verbindungspiste entlang der großen Hangars. In diesem Bereich werden die 10 US-Atombomben vermutet, da sie so im Bedarfsfall nah an den Tornados der Bundeswehr sind. Als wir auf dem Halbkreis der Verbindungspiste bald wieder die Start- und Landebahn erreichten, traf die Polizei von Cochem ein und nahm unsere Personalien auf. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns bereits 45 Minuten frei im Militärgelände bewegt gehabt. Neben einem weiteren Polizeiwagen trafen nun noch zwei andere Militärfahrzeuge ein, so dass wir nun eine Auswahl von Ansprechpartnern hatten, vom Wehrdienstleistenden bis zum Oberstleutnant und Major. Wir fragten auch diese, nach dem genauen Lagerungsort der Atombomben. Keiner von ihnen bestritt die Existenz dieser, sagten aber, dass sie darüber nicht reden dürfen. Der Wehrdienstpflichtige erzählte, dass er bei Beginn seines Dienstes auf die Lagerung der Atombomben hingewiesen wurde und unterschreiben musste, dass er darüber informiert wurde. Ein junger Berufssoldat sieht die Bewachung der Atombomben als "ganz normalen Auftrag" an, der sich nicht vom Streife fahren entlang des Zaunes unterscheide. Der anwesende Oberstleutnant, gleichzeitig Umweltbeuftragter des Standortes, entgegnete auf unsere Frage, wie man den die Bewachung der hier gelagerten US-amerikanischen Massenvernichtungswaffen mit Umweltschutzgedanken vereinbaren wäre, dass er ja auf was für die Umwelt tue. So habe allein auf dem Standort Büchel schon 12.000 Frösche über die Straße gerettet... Wir sagten ihm dann nur noch, dass dies den Fröschen recht wenig nützt, wenn eine Atombombe explodiere. Alle anwesenden Bundeswehrangehörige reagierten ausweichend auf unsere Behauptung, dass es schon recht bedenklich sei, sich als sechsköpfige Gruppe über eine halbe Stunde unbemerkt auf dem Militärgelände bewegen zu können. Und zwar nicht auf irgendeinem Bundeswehrstandort, sondern auf einem, wo völkerreichtswidrig 10 einsatzbereite Atombomben gelagert werden.
Mit einem Bundeswehrkleinbus wurden wir zum Haupttor gefahren, von wo uns später ein Polizeikleinbus nach Cochem brachte. In der Polizeistation von Cochem wurden wir mit Kaffe versorgt, während wir einzeln verhört und einige noch ED-behandelt wurden. Alle sechs beteiligten InspektorInnen wurden wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch angezeigt. Nach ca. 30 Minuten auf der Wache verließ der letzte der sechsköpfigen Aktionsgruppe das Polizeigebäude, vor dem unsere UnterstützerInnen schon warteten.
Wir werten die sechste Zivile Inspektion des Atombombenlagers als Erfolg, da diese so weit in das Gelände führte, dass wir wirklich etwas inspizieren konnten, und nicht mehr nur von einem Versuch gesprochen werden kann. Zwar fanden wir die Atombomben nicht, aber wir erreichten durch unsere Konfrontation, dass die anwesenden Bundeswehrsoldaten die Existenz der Massenvernichtungswaffen offen zugaben. Wir wollten am 54. Jahrestag des Inkrafttretens der bundesdeutschen Verfassung einmal mehr deutlich machen, dass "von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf". (Johannes Plotzki, Tel: 06588/988498)

Weiterer Bericht auf Indymedia: http://de.indymedia.org/2003/05/52389.shtml